im Rahmen der baden-württembergisch / polnischen Kulturbegegnungen 1998
Künstlerische
Gesamtkoordination: Marian Glinkowski
Produktionsleitung: Helen Pavel,
Peter Galka, Marian Glinkowski
Die Teilnehmer: - GAMA-Theater Stuttgart - Theater im ZENTRUM, Stuttgart - Teatr of Manhattan, Lodz - Studio Teatralne SLUP, Lodz |
Termine: Premiere Lodz 2.6.98 im" Teatr 77" Premiere Stuttgart 7.7.98 Treffpunkt Rotebühlplatz |
Das Projekt Warum 4 x Prometheus? Anmerkungen zur Aufführung Die Presse |
Die Träger: Pentaton Kulturnetz e.V. , Künstler + Co. Halle 24 e.V., Lodzki Dom Kultury, Lodz |
4 x Prometheus ist eine
Annäherung. 4 Interpretationen von vier unterschiedlichen Partnern. 4 Spielsequenzen zu einem Stück verbunden und mit unterschiedlichen Theatermitteln dargestellt. 4 Sichtweisen, die Verknüpfungspunkte und Differenzen aufzeigen und eine Antwort geben auf die kulturelle Identität der polnischen und deutschen Theatergruppen |
Das Projekt
Die Realisierung des Theaterprojektes "4x Prometheus"
gab den polnischen und deutschen Theatergruppen die Gelegenheit,
sich mit der Idee und der Frage nach der Aktualität dieses
antiken Mythos auseinanderzusetzen.
Ob der Ethos der Arbeit für den Mitmenschen und dessen Leid
heute nach besonderer Pflege verlangt? Ob die Komplexität
unseres Zusammenlebens ausreichende Reflektionen weckt?
Das gemeinsame Europa bauen, bedeutet vor allem eines: Die
Schaffung einer ideellen Basis für diese Gemeinschaft. Ich
glaube daher, daß die Suche nach der kulturellen Wirksamkeit des
Prometheus-Mythos heute eine dankbare und wichtige Aufgabe ist.
Betrachten Sie aufmerksam die Gesten und Bewegungen der deutschen
und polnischen Darsteller. Sie vermitteln mehr als die Frage nach
dem Sinn dieser oder jener Verhaltensweise.
Ich denke, unsere Veranstaltung ist ein metaphorisches Bild des
menschlichen Daseinsdramas zur Zeit der Jahrhundertwende. Eine
Zeit, die den Beigeschmack besitzt, eine bestimmte Epoche der
Kultur und Zivilisation zu beenden und gleichzeitig Perspektiven
eröffnet für morgen.
Wie wird der Mensch der neuen Epoche sein? Wie wird er handeln?
Marian Glinkowski, Lodz
Warum 4 x Prometheus?
Zu behaupten, es ginge bei diesem Projekt um die Rettung der
abendländisch-europäischen Kultur, würde eine leichte
Übertreibung darstellen. Tendenziell liegt das Ziel allerdings
auf dieser Linie.
Das Projekt solle über Sprachbarrieren hinweg Kommunikation
zwischen jungen Polen und Deutschen anregen. Es sollte auf der
Basis eines Themas aus dem gemeinsamen Kulturerbe sowohl
Differenzen als auch Gemeinsamkeiten aufzeigen und nicht zuletzt
bei beiden Partnern die kulturelle und politische Nähe des
Anderen erfahrbar werden lassen.
Dabei ist der Prozeß der Erarbeitung mindestens so bedeutsam wie
das Endprodukt.
Nach einigen Vorbesprechungen folgten mehrtägige Arbeitstreffen
in Stuttgart und Lodz, bei denen die Grundlagen diskutiert und
festgelegt wurden. Auf dieser Basis konnten die einzelnen Gruppen
arbeiten und dann am Ende nach intensiven gemeinsamen Proben eine
zeitgenössische Interpretation des Prometheus-Mythos der
Öffentlichkeit präsentieren.
Die Fülle des Stoffes erlaubte es dabei den einzelnen Partnern,
die inhaltlichen Schwerpunkte frei auszuwählen. Die Wahl der
theatralischen Mittel war freigestellt. Einig war man sich darin,
auf Sprache weitgehend zu verzichten.
Hat dieses Projekt die implizierten Erwartungen erfüllt? Mit
Sicherheit ja: Es wurden Vorurteile abgebaut, neue Kontakte und
Freundschaften begründet, alte erneuert.
Ein Weg besteht aus vielen kleinen Schritten, auch von Europa
nach Europa.
Helen Pavel
Anmerkungen zur Aufführung
Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Blickwinkel:
Bei den polnischen Gruppen stehen Begriffe wie Wärme, Gefühl,
Befreiung und eine sarkastische Kritik des Konsums im
Vordergrund. Ein skeptischer Blick zeigt den gesellschaftlichen
Alltag, den schönen Schein. Auf Dauer lässt sich aber nicht das
zweite Gesicht verbergen, die dunkle Seite.....Der wiederkehrende
Prometheus sieht die Grausamkeit menschlichen Verhaltens und
leidet an seiner Liebe zu diesen Menschen, Menschen, die nach der
Wende blindes Konsumverhalten übten. Sie erlagen den
"Verlockungen des Kapitalismus", symbolisch auf den
Punkt gebracht durch eine Dose Coca Cola, die moderne Büchse der
Pandora, eine Verlockung in sich stetig wandelnden Kleidern.
Nicht viel optimistischer ist die Vision, daß die modernen
Götter Funktionäre und Bürokraten sind, Schreibtischtäter,
die ohne sichtbar zu handeln, wirkungsvoll eingreifen. Eine Masse
Mensch, die sich als Gemeinschaft zur Wehr setzern könnte, die
aber den modernen Reizen erliegt, durch Gesetze in Schranken
gehalten und durch Verbrechen gelenkt werden. In dieser Dynamik
gehen aber auch eindeutige Rollenzuschreibungen verloren, Opfer
werden Täter und umgekehrt. Pandora im Schutz von Zeus behält
weiterhin die Oberhand.
Bei den deutschen Gruppen steht eher das Aufgreifen von
sozialen Problemen, Umweltsorge und "philosophische"
Reflektionen zur Stellung des Menschen in der Welt im
Vordergrund. Prometheus als Helfer der Menschheit und als der,
der den Fluch der Technik über die Menschen gebracht hat....
Ein Prometheus zum Innehalten, zur Selbstbefragung. Der Mensch,
der mehr kann als instinkthaft handeln, der Gefühle hat und
diese oft ignoriert, der Wissen und Intelligenz besitzt, die
immer neuen Fortschritt bringen, verliert oft sein Gleichgewicht.
Wir "genießen" das prometheische - das die Entwicklung
nach vorne Treibende - ohne an die Folgen zu denken.
Beide inhaltlichen Ansätze, die polnischen wie die deutschen,
erhalten ihre Entsprechung in der Wahl der theatralen Mittel.
Peter Galka
Die Presse
in Baden-Württemberg, Kultur - Leben - Natur, 4/1998:
4 x Prometheus
Begegnung ist ein zu schwaches Wort für das deutsch-polnische
Theaterprojekt "4 x Prometheus", das im Juli in
Stuttgart erfolgreich über die Bühne ging.Aus Anlaß des
zehnjährigen Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen
Stuttgart und Lodz interpretierten je zwei Theatergruppen aus den
beiden Städten auf ihre Weise einen Aspekt des Mythos von
Prometheus, jenem menschenfreundlichen Titanen, der den Göttern
das Feuer stahl, um es den Menschen zu bringen, und der dafür
von Zeus zu unsäglichen Qualen verurteilt wurde.
Die Theatergruppe GAMA, der TheaterJugendClub des Theaters im
ZENTRUM, beide Stuttgart, das Teatr of Manhattan und das Studio
Teatralne SLUP, beide aus Lodz, verbanden ihre vier
Interpretationen von Prometheus zu einem Stück, das so gut wie
keine Worte brauchte, um das Publikum zu fesseln, das Publikum in
Lodz und Stuttgart wohlgemerkt....
Und bei allen Vorführungen konnten die Besucher und die Kritiker
staunend feststellen, daß die Büchse der Pandora.... auf der
Bühne ohne schädlichen Nebenwirkungen ausgeschüttet wurde.
Mit Tanz, Bewegung, Farbenspiel und Musik schufen die vier
Theatergruppen, wie eine Kritikerin konstatierte,
"außergewöhnlich schöne und bizarre Bilder", die
einen anderen Kritiker zu der überraschenden Erkenntnis
animierten: "Lodz und Stuttgart sind sich ähnlicher, als
man dachte."
Wir danken: - der Landeshauptstadt Stuttgart -
dem Magistrat der Stadt Lodz - dem Land Baden-Württemberg - der
Robert-Bosch-Stiftung - dem Fonds Darstellende Künste - dem
Deutsch-Polnischen Jugendwerk
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